Stadt Wilhelmshaven

18. Mai 2012

Rechter Kriminalität einen Riegel vorschieben

Polizei und Kommunen müssen sich auf einen neuen Trend in der rechtsextremen Szene einstellen:Parteien und „klassische“ rechte Organisationen haben deutliche Nachwuchsprobleme – lose Verbindungen und Treffen mit Event-Charakter verzeichnen Zulauf. Das verdeutlichte gestern die Polizeiinspektion Wilhelmshaven/Friesland auf einer Pressekonferenz zur Darstellung der politisch motivierten Kriminalität im vergangenen Jahr. Den Schulterschluss in der Abwehr rechter Umtriebe signalisierte dabei die Teilnahme von Oberbürgermeister Andreas Wagner (CDU) und Frieslands Landrat Sven Ambrosy (SPD). Schließlich gehe das Thema alle an, sagte Inspektionsleiter Hans-Henning von Dincklage. Man sei auf gegenseitige Unterstützung angewiesen, das funktioniere auch sehr gut. Im Bereich der Polizeiinspektion existieren noch die NPD, Republikaner und die Deutsche Partei, die letzteren beiden mittlerweile „am Rande der Bedeutungslosigkeit“, sagte der Leiter des Zentralen Kriminalitätsdienstes, Arne Schmidt. Ehemals in Wilhelmshaven aktive Gruppierungen wie AG Wiking oder Deutscher Kameradschaftsbund seien längst weg. Stattdessen beobachte man zunehmend Verbindungen der Motorrad-Rocker-Szene mit Rechten. In Wilhelmshaven hat die Polizei das neugegründete Red Devils-Chapter im Blick. Allerdings seien in diesem Zusammenhang keine Straftaten zu vermelden, so Schmidt.Manmüsse es schon als Erfolg werten, wenn Einzelne von Radikalität zurückzuhalten seien, ihre Einstellung im Kopf grundsätzlich zu ändern, dürfe gleichwohl mehr als schwierig sein. Als Grundpfeiler rechter Ideologie tauche immer wieder die „Überbetonung der nationalen Identität“ auf. Für Inspektionschef von Dincklage ist es klar: „Rechts heißt: gegen Demokratie.“ Notwendig sei ein verbesserter Informationsfluss auf behördlicher Seite, das schließe die Weitergabe von Erkenntnissen des Verfassungsschutzes ein. Auf Ballhöhe mit der rechten Szene zu sein, wenn diese Aktivitäten plane, sei in der Vergangenheit bisweilen schwierig gewesen. Diese nutzt bei der Absprache etwa von Aufmärschen, Versammlungen oder Konzerten vor allem Handys oder das Internet, legt bewusst falsche Fährten. Von Dincklage: „Und dann gibt es Gastwirte, die glauben immer noch, ihren Saal für eine Geburtstagsfeier vermietet zu haben, wenn längst die Ersten mit Stiefeln und Glatze auf der Bildfläche erschienen sind.“ Im eigenen Inspektionsbereich habe man mit solchen Problemen aber wenig zu tun. Ohnehin liege hier die Zahl von rechtsmotivierten Straftaten auf vergleichsweise niedrigem Niveau, sagte Schmidt. Im Wesentlichen sei ein Einzeltäter, bzw. eine Kleingruppe für die Zahlen  verantwortlich. Nach Verhaftung des Haupttäters im Dezember lägen die monatlichen Vorfallszahlen nur noch im niedrigen einstelligen Bereich. Das Lagebild der linksmotivierten Kriminalität weise Wilhelmshaven/Friesland in dieser Hinsicht „als weißen Fleck auf der Landkarte aus“, sagte Schmidt. Gleiches gelte für politisch motivierte Kriminalitätsdelikte durch Ausländer: „Die Zahl war null.“ In diesem Jahr von einem Anschlag betroffen war am 6. Mai die Moschee in der Admiral-Klatt-Straße, als ein Brandsatz über die Mauer auf einen Pavillon geworfen wurde. Bislang habe man die Tat noch nicht zuordnen können, hieß es gestern. Dagegen ist mit Hilfe der vor kurzem installierten Videoüberwachung in der Innenstadt ein Täter nach Hakenkreuzschmierereien überführt worden. Mit dem Thema Radikalismus müssten sich nicht nur Behörden, sondern jeder einzelne befassen, betonte OB Wagner. Familien sollten auf ihre Kinder präventiv einwirken. Landrat Ambrosy sicherte zu, die Null-Toleranz-Strategie gegen rechte Gewalt zu unterstützen. Man müsse aber auch dem Trend der Zunahme rechten Gedankenguts unabhängig von Straftaten gezielt begegnen.
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