Stadt Wilhelmshaven

07. April 2020

Allgemeinverfügung der Stadt Wilhelmshaven Verlängerung der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Inhaber einer Fahrerlaubnis aus einem Staat außerhalb des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nach Wohnsitznahme im Inland nach § 29 Abs. 1 Satz 4 FeV anlässlich der Corona-Epidemie

Veröffentlichung in der Wilhelmshavener Zeitung am 07. April 2020

Allgemeinverfügung der Stadt Wilhelmshaven
Verlängerung der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Inhaber einer Fahrerlaubnis aus einem Staat außerhalb des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nach Wohnsitznahme im Inland nach § 29 Abs. 1 Satz 4 FeV anlässlich der Corona-Epidemie

Die Stadt Wilhelmshaven erlässt vor dem Hintergrund der Ausbreitung des Corona-Virus (SARS-CoV-2) und der damit verbundenen Auswirkungen auf Grundlage von § 74 Abs. 1 FeV folgende

Allgemeinverfügung:

1. Begründet der Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland, besteht die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen abweichend von § 29 Abs. 1 Satz 4 FeV noch zwölf Monate. Die in Satz 1 gewährte Verlängerung der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen gilt nur für Fahrerlaubnisinhaber, die ihren ordentlichen Wohnsitz in Niedersachsen nach dem 8. Oktober 2019 begründet haben. Die in Satz 1 gewährte Fristverlängerung der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen endet spätestens mit Ablauf des 1. April 2021.

2. Die Fahrberechtigung ist für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gültig.

3. Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 wird angeordnet.

4. Diese Ausnahmegenehmigung tritt am 8. April 2020 in Kraft.

Begründung:

Das rasant und weltweit um sich greifende Corona-Virus (Sars-CoV-2) und seine Folgen stellen derzeit Deutschland vor eine der größten je dagewesenen Herausforderungen. Um die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen und in jedem Fall erheblich zu verlangsamen, wurden von den Bundesländern auf Basis des Bundesinfektionsschutzgesetzes bereits Maßnahmen veranlasst. Die Bundesregierung und die Regierungschefs der Bundesländer haben am 16. März 2020 Leitlinien zum einheitlichen Vorgehen zur weiteren Beschränkung von sozialen Kontakten im öffentlichen Bereich vereinbart. Diese beinhalten vorläufige Betriebsuntersagungen ebenso wie Ausgangsbeschränkungen. Das öffentliche Leben steht seitdem bundesweit nahezu still. Von der Betriebsuntersagung betroffen sind auch die Fahrschulen. Die Durchführung von Fahrerlaubnisprüfungen wurde vorläufig eingestellt bzw. erheblich eingeschränkt.

Zur Begründung im Einzelnen:

Zu 1. und 2.:

Ziffer 1 und 2 der Allgemeinverfügung stützen sich auf § 74 Abs. 1 FeV.

Aufgrund der ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung der Corona-Pandemie, insbesondere der Einstellung der Fahrerlaubnisprüfungen, ist es Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse derzeit unmöglich, ihre Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen durch Ablegung einer Fahrerlaubnisprüfung nachzuweisen.

Gerade in Ausnahmesituationen ist eine arbeits- und leistungsfähige öffentliche Verwaltung äußerst notwendig, um die staatliche Ordnung aufrechtzuerhalten. Dem steht gegenüber, dass auch die Fahrerlaubnisbehörden wegen der besonderen Ansteckungsgefahr des Corona-Virus den Publikumsverkehr eingeschränkt haben, um das Risiko einer Ansteckung für alle Beteiligten möglichst gering zu halten und die langfristige Arbeitsfähigkeit zu sichern.

Die Prüfung und Erteilung von Einzel-Ausnahmegenehmigungen gestaltet sich deshalb ebenso wie die Umschreibung der Fahrerlaubnis schwierig. Zudem ist die Bevölkerung aufgerufen, Behördengänge nur noch in dringenden Angelegenheiten, die keinen Aufschub dulden, vorzunehmen.

Um die hiervon Betroffenen vor dem insoweit unverschuldeten Verlust ihrer Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen nach Ablauf der in § 29 Abs. 1 Satz 4 FeV normierten sechs Monate in der herrschenden Ausnahmesituation zu bewahren, ist eine ausnahmsweise Verlängerung der Frist auf zwölf Monate, längstens aber bis zum 1. April 2021 verhältnismäßig.

Eine erhebliche Gefährdung der Verkehrssicherheit ist hiervon nicht zu erwarten.

Die Bundesländer haben sich deshalb am 24. März 2020 in einer Telefonschaltkonferenz des Bund-Länder-Fachausschuss Fahrerlaubnisrecht/Fahrlehrerrecht darauf verständigt, die Frist durch Allgemeinverfügung auf zwölf Monate zu verlängern. Sie soll bundesweit Geltung haben.

Nicht betroffen sind Inhaber von Fahrerlaubnissen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum. Deren Berechtigungen ergeben sich wie bisher aus § 28 Abs. 1 FeV. Die Ausstellung eines deutschen Führerscheins als Nachweisdokument ist nicht erforderlich.

Betroffen sind dagegen Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis, die in einem in Anlage 11 aufgeführten Staat und in einer in der Anlage 11 aufgeführten Klasse erteilt worden ist. Deren Berechtigungen ergeben sich zwar dem Grunde nach wie bisher aus § 31 Abs. 1 FeV mit Anlage 11 FeV. Notwendig sind allerdings die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis und die Aushändigung eines deutschen Führerscheins als Nachweisdokument. Für sie gilt Ziffer 1 entsprechend. Dies bedeutet, sie müssen die ausländische Fahrerlaubnis innerhalb von 12 Monaten ab Wohnsitznahme in Deutschland, spätestens mit Ablauf des 1. April 2021, in eine deutsche Fahrerlaubnis umschreiben.

Unberührt bleibt die Geltungsdauer der Fahrerlaubnisse der Klassen C1, C1E, C, CE, D1, D1E, D und DE. Deren Geltungsdauer ist auf längstens fünf Jahre beschränkt (§ 23 Abs. 1 FeV). Sollte deren Geltungsdauer vor Ablauf des 1. April 2021 enden, wird diese Fallgestaltung nicht von Ziffer 1 erfasst. Die damit zusammenhängenden Fragestellungen werden anderweitig geregelt werden.

Für Inhaber einer in einem Staat außerhalb des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erteilten Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz nach dem 30. September 2020 im Inland begründen, gilt wieder die gesetzlich bestimmte 6-monatige Frist des § 29 Abs. 1 Satz 4 FeV unverändert fort.

Zu 3.:

Für Ziffer 1 der Allgemeinverfügung wird die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet. Die sofortige Geltung der bewilligten Ausnahme nach Ziffer 1 liegt im überwiegenden Interesse der Adressaten der Allgemeinverfügung, um vor dem unverschuldeten Verlust ihrer Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen und weiteren Beeinträchtigungen in der herrschenden Ausnahmesituation bewahrt zu bleiben.

Hinweis:

Eine Bescheinigung über die Ausnahmegenehmigung i.S.d. § 74 Abs. 4 FeV wird nicht benötigt. Bei Fahrten im öffentlichen Verkehr wird angeraten, eine Kopie dieser Allgemeinverfügung mitzuführen."

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Oldenburg, Schlossplatz 10, 26122 Oldenburg, erhoben werden.

Wilhelmshaven, 03.04.2020

Carsten Feist
Oberbürgermeister

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