Allgemeinverfügung
Veröffentlichung in der Wilhelmshavener Zeitung am 28. März 2020
Allgemeinverfügung der Stadt Wilhelmshaven
zur Einschränkung sozialer Kontakte; hier: Sammelunterkünfte
Die Stadt Wilhelmshaven erlässt gemäß § 28 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), § 14 Abs. 1 S. 1, Abs. 6 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Niedersächsischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (NGöGD) i. V. m. § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) und § 35 S. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) folgende
Allgemeinverfügung:
1. Die Unterbringung von Personen, die aus gewerblichen Gründen erfolgt, z. B. für Saisonarbeitskräfte, Erntehelferinnen und Erntehelfer, Werksarbeitskräfte und vergleichbare arbeitnehmerähnliche Beschäftigte in der Landwirtschaft, Fleischproduktion und dergleichen, ist nur unter Beachtung folgender Auflagen möglich:
- Die Unternehmen oder landwirtschaftlichen Betriebe, die Personen beschäftigen, die in Sammelunterkünften, betriebseigenen oder angemieteten Unterkünften untergebracht sind, haben sicherzustellen, dass die Beschäftigten auf die aktuellen Hygieneregeln hingewiesen werden und sie diese verstanden haben. Die Unternehmen oder landwirtschaftlichen Betriebe haben die Einhaltung der Hygieneregeln regelmäßig zu überprüfen und zu dokumentieren.
- Die von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung herausgegebenen Infografiken und Piktogramme mit den wichtigsten Hygienehinweisen sind in allen Unterkünften gut sichtbar und für alle Bewohnerinnen und Bewohner zugänglich auszuhängen, um die Hygienemaßnahmen in den Unterkünften zu verstärken.
- Eine Unterbringung soll möglichst nur in Einzelzimmern erfolgen. Küche und Bad sind so zu nutzen, dass eine ausreichende Distanz zwischen den Bewohnerinnen und Bewohnern gewährleistet ist.
2. Ausnahmegenehmigungen können auf Antrag von der Stadt Wilhelmshaven erteilt werden, soweit dies im Einzelfall aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist. Begründete Anträge sind an das Gesundheitsamt der Stadt Wilhelmshaven zu richten.
3. Die Allgemeinverfügung gilt einen Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben. Sie ist bis einschließlich Sonnabend, den 18. April 2020 befristet. Eine Verlängerung ist möglich.
4. Auf die Bußgeldvorschrift des § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG wird hingewiesen.
5. Die Anordnung ist gemäß § 28 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar.
Begründung:
Die Regelungen dieser Allgemeinverfügung beruhen auf einem Runderlass gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1, S. 3 NGöGD des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 16.03.2020 (Az. 401.41609-11-3) betreffend die Einschränkung sozialer Kontakte, ergänzt um den Runderlass vom 17.03.2020 betreffend die Einschränkung von Übernachtungen, Gaststätten und Restaurants und den fachaufsichtlichen Hinweisen betreffend Sammelunterkünfte vom 20.03.2020.
Rechtsgrundlage für die getroffenen Maßnahmen ist § 28 Abs. 1 IfSG. Nach S. 1 hat die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen zu treffen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Nach Satz 2 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen; sie kann auch Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind.
Die Stadt Wilhelmshaven ist nach § 14 Abs. 1 S. 1, Abs. 6 NKomVG i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 NGöGD zuständige Behörde im Sinne des Infektionsschutzgesetzes und gemäß § 28 Abs. 1 S.2 IfSG für den Erlass von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten zuständig.
Bei SARS-CoV-2 handelt es sich um einen Krankheitserreger im Sinne des § 2 Nr. 1 IfSG. In der Stadt Wilhelmshaven wurden bereits mehrere erkrankte, krankheitsverdächtige und krankheitsgefährdete Personen im Sinne des § 2 Nr. 4, 5 und 7 IfSG identifiziert.
Vor dem Hintergrund der sehr dynamischen Verbreitung von Infektionen mit dem SARS- CoV-2 Virus und Erkrankungen an COVID-19 müssen unverzüglich weitere umfänglich wirksame Maßnahmen zur Verzögerung der Ausbreitungsdynamik und zur Unterbrechung von Infektionsketten ergriffen werden. Weitreichende effektive Maßnahmen sind dazu dringend notwendig, um im Interesse der Bevölkerung und des Gesundheitsschutzes die dauerhafte Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems sicherzustellen.
Zur Aufrechterhaltung der Ernährungsversorgung der Bevölkerung sollen Unterbringungen von Personen, die aus gewerblichen Gründen erfolgt, unter bestimmten Bedingungen jedoch weiterhin möglich sein. Vor dem Hintergrund der Anforderungen des Gesundheitsschutzes sind die mit der Ausnahme verbunden Auflagen gerechtfertigt.
Zu Ziffer 3:
Die Allgemeinverfügung gilt einen Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben (§ 41 Abs. 4 S. 4 VwVfG). Sie ist bis einschließlich 18. April 2020 befristet.
Zu Ziffer 4:
Die Bußgeldbewehrung der Maßnahme bis zu 25.000 Euro folgt aus § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG. Die Anordnung stellt eine Maßnahme nach § 28 Abs. 1 S. 1 IfSG dar.
Zu Ziffer 5:
Die Anordnung ist gemäß § 28 Abs. 3 i. V .m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar. Widerspruch und Klage gegen Maßnahmen haben keine aufschiebende Wirkung.
Bekanntmachungshinweise:
Die Allgemeinverfügung gilt einen Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben (§ 41 Abs. 4 Satz 4 VwVfG).
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Oldenburg, Schlossplatz 10, 26122 Oldenburg, erhoben werden.
Wilhelmshaven, 27.03.2020
Carsten Feist
Oberbürgermeister