Allgemeinverfügung der Stadt Wilhelmshaven - zum Aufnahmestopp für Heime nach § 2 Abs. 2 Niedersächsisches Gesetz über unterstützende Wohnformen (NuWG), - zum Aufnahmestopp und zur Ausweitung kontaktreduzierender Maßnahmen für ambulant betreute Wohngemeinschaften und besondere Formen des betreuten Wohnens gern. § 2 Abs. 3 und § 2 Abs. 4 (NuWG) sowie für ambulant betreute Wohngemeinschaften zum Zweck der lntensivpflege, die nicht in den Geltungsbereich des NuWG fallen;- zur Notbetreuung bei Einstellung des Betriebs von Einrichtungen der Tagespflege i. S. v. § 2 Abs. 7 NuWG
Veröffentlichung in der Wilhelmshavener Zeitung am 01. April 2020
Allgemeinverfügung der Stadt Wilhelmshaven
- zum Aufnahmestopp für Heime nach § 2 Abs. 2 Niedersächsisches Gesetz über unterstützende Wohnformen (NuWG),
- zum Aufnahmestopp und zur Ausweitung kontaktreduzierender Maßnahmen für ambulant betreute Wohngemeinschaften und besondere Formen des betreuten Wohnens gern. § 2 Abs. 3 und § 2 Abs. 4 (NuWG) sowie für ambulant betreute Wohngemeinschaften zum Zweck der lntensivpflege, die nicht in den Geltungsbereich des NuWG fallen;
- zur Notbetreuung bei Einstellung des Betriebs von Einrichtungen der Tagespflege i. S. v. § 2 Abs. 7 NuWG
Gemäß § 28 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), § 14 Abs. 1 S. 1, Abs. 6 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Niedersächsischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (NGöGD) i. V. m. § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) und § 35 S. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) wird von der Stadt Wilhelmshaven folgende Allgemeinverfügung erlassen:
1. Die Aufnahme von neuen Bewohnerinnen und Bewohnern wird zur Durchsetzung eines Aufnahmestopps in Heimen für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen und Menschen mit Behinderungen nach § 2 Abs. 2 NuWG, für ambulant betreute Wohngemeinschaften und besondere Formen des betreuten Wohnens gem. § 2 Abs. 3 und § 2 Abs. 4 NuWG sowie für ambulant betreute Wohngemeinschaften zum Zweck der lntensivpflege, die nicht in den Geltungsbereich des NuWG fallen, im Geltungsbereich der Stadt Wilhelmshaven untersagt.
Ausgenommen von diesem Aufnahmestopp sind Einrichtungen, in denen gewährleistet ist, dass neu aufzunehmende Bewohnerinnen und Bewohner für einen Zeitraum von 14 Tagen separiert von den übrigen Bewohnern und Bewohnerinnen in Quarantäne untergebracht werden.
Darüber hinaus ist die Aufnahme von aus dem Krankenhaus zu entlassenden Patientinnen und Patienten in solitären Kurzzeitpflege- oder Reha-Einrichtungen, die gezielt für diese Funktion hergerichtet und zur Kurzzeitpflege ermächtigt wurden (vgl. auch § 149 SGB XI), zulässig.
2. Die Besuchs- bzw. Betretungsverbote für ambulant betreute Wohngemeinschaften gem. § 2 Abs. 3 NuWG, für Formen des betreuten Wohnens gem. § 2 Abs. 4 NuWG und für ambulant betreute Wohngemeinschaften zum Zweck der lntensivpflege, die nicht in den Geltungsbereich des NuWG fallen, bestehen weiterhin.
In ambulant betreuten Wohngemeinschaften nach § 2 Abs. 3 NuWG und in Formen des betreuten Wohnens nach § 2 Abs. 4 NuWG sind von diesem Besuchs- bzw. Betretungsverbot nahestehende Personen von palliativmedizinisch versorgten Bewohnerinnen und Bewohnern ausgenommen. Ausnahmen können zudem im Einzelfall für Seelsorger, Geistliche oder Urkundspersonen zugelassen werden.
Die behandelnden Ärzte und die zur Pflege bestimmten Personen haben freien Zutritt. Die zur Pflege bestimmten Angehörigen der Pflegeberufe und der Gesundheitsfachberufe (u. a. Physiotherapeut/-in, Ergotherapeut/-in, Podolge / Podologin, Logopädin / Logopäde, Diätassistent/-in) sind bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 der Niedersächsischen Verordnung zur Beschränkung sozialer Kontakte anlässlich der Corona Pandemie vom 27.03.2020 (Nds. GVBI. S. 48) von dem Besuchs- bzw. Betretungsverbot ausgenommen.
Bestatter und Handwerker, deren Leistungen nicht aufgeschoben werden können, haben im Einzelfall ebenfalls Zutritt.
Freien Zutritt haben bei den ambulant betreuten Wohngemeinschaften nach § 2 Abs. 3 NuWG die Dienstleister, von denen aufgrund einer mit dem Mietverhältnis verbundenen vertraglichen Verpflichtung entgeltliche ambulante Pflege- oder Betreuungsdienstleistungen in der ambulant betreuten Wohngemeinschaft in Anspruch genommen werden.
Freien Zutritt haben bei den Formen des betreuten Wohnens nach § 2 Abs. 4 NuWG die Dienstleister, von denen aufgrund einer mit dem Mietverhältnis verbundenen vertraglichen Verpflichtung Leistungen in Anspruch genommen werden, die über allgemeine Unterstützungsleistungen (z. B. Notrufdienste, Informations- und Beratungsleistungen oder die Vermittlung von Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung, Pflege- oder Betreuungsleistungen) hinausgehen.
Für die ambulant betreuten Wohngemeinschaften zum Zweck der lntensivpflege, die nicht in den Geltungsbereich des NuWG fallen, gelten die vorstehenden Ausnahmebestimmungen bezüglich der ambulant betreuten Wohngemeinschaften nach § 2 Abs. 3 NuWG entsprechend.
In allen Fällen sind beim Betreten der Einrichtung immer die notwendigen Hygienemaßnahmen zu beachten.
3. Der Betrieb für alle Einrichtungen der Tagespflege nach § 2 Abs. 7 NuWG wird in dem Zuständigkeitsbereich der Stadt Wilhelmshaven untersagt (sh. auch Allgemeinverfügung der Stadt Wilhelmshaven vom 17.03.2020).
Ausgenommen hiervon ist die Notbetreuung in kleinen Gruppen, die auf das notwendige Maß zu begrenzen ist. Diese Notbetreuung dient dazu, ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderungen aufzunehmen, deren Familienangehörige, die im Übrigen die Pflege wahrnehmen, in sog. kritischen Infrastrukturen tätig sind.
Künftig dürfen zudem im Einzelfall Nutzerinnen und Nutzer der Tagespflegeeinrichtungen in die Notbetreuung aufgenommen werden,
- für die eine fehlende Betreuung in der Tagespflege aufgrund eines besonders hohen Pflege- oder Betreuungsaufwandes eine gesundheitliche Schädigung zur Folge hätte oder
- die einer ärztlich verordneten Behandlungspflege bedürfen, die nicht durch pflegende Angehörige oder den ambulanten Pflegedienst sichergestellt werden kann.
4. Die Betreiberinnen und Betreiber der o. g. Einrichtungen werden aufgefordert, die Bewohnerinnen und Bewohner anzuhalten, die Einrichtungen und das dazugehörige Außengelände nicht zu verlassen.
5. Die Anordnungen zu 1. und 2. ist nach § 28 Abs. 3, § 16 Abs. 8 des Infektionsschutzgesetzes (lfSG) sofort vollziehbar.
Die Anordnungen zu 1. und 2. sind zunächst bis einschließlich 18.04.2020 befristet.
Begründung:
Zu 1. und 2.
Rechtsgrundlage für die zu treffenden Maßnahmen ist § 28 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (lfSG). Nach S. 1 hat die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen zu treffen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Nach Satz 2 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in§ 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen (u. a. Heime) oder Teile davon schließen; sie kann auch Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind.
Erkenntnisse aus anderen Ländern sowie aus Niedersachsen belegen die sehr hohe Dynamik des Infektionsgeschehens. Das Ziel, die Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 hier in Niedersachsen zu verlangsamen, wird weiterhin verfolgt. In den o. g. Runderlassen sind Maßnahmen zur Verzögerung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 fachaufsichtlich festgelegt. Zudem wurde am 22.03.2020 eine Allgemeinverfügung seitens des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung erlassen, um soziale Kontakte zu beschränken und so die Geschwindigkeit der Infektionsketten in dem erforderlichen Maß abzubremsen. Ferner wird auf die Niedersächsische Verordnung zur Beschränkung sozialer Kontakte anlässlich der Corona-Pandemie vom 27.03.2020 (Nds. GVBI. S. 48) hingewiesen.
Die Notwendigkeit, Ansteckungsketten effektiv zu unterbrechen, besteht insbesondere auch für Einrichtungen, in denen Menschen leben und versorgt werden, für die durch Alter, Vorerkrankung oder Behinderung ein besonderes Risiko durch das Corona-Virus SARS CoV-2 besteht.
Vor dem Hintergrund, dass es trotz bestehender Betretungs- und Besuchsverbote zu Coronainfektionen in Heimen gekommen ist, bedarf es eines befristeten Aufnahmestopps in diesen Einrichtungen sowie bei den o. g. besonderen Wohnformen, um das Risiko eines Viruseintrags durch neue Bewohnerinnen und Bewohner zu minimieren.
In ambulant betreuten Wohngemeinschaften nach§ 2 Abs. 3 NuWG leben in der Regel ausschließlich Menschen, die zu den bekannten Risikogruppen zählen, in einer Haushaltsgemeinschaft zusammen. Es ist daher geboten, die Anzahl der Kontakte mit Außenstehenden für die Bewohnerinnen und Bewohner zu begrenzen, denn mit jedem Besuch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Coronavirus in der ambulanten betreuten Wohngemeinschaft verbreitet. Besonders schutzbedürftig sind auch ambulant betreute Wohngemeinschaften gern. § 2 Abs. 3 NuWG, in denen z. B. schwersterkrankte Erwachsene trotz Beatmungs- und Überwachungspflicht in einer Wohngemeinschaft für außerklinische Intensivpflege zusammen leben.
Für ambulant betreute Wohngemeinschaften zum Zweck der lntensivpflege, die nicht in den Geltungsbereich des NuWG fallen, ist es ebenfalls geboten, die Anzahl der außenstehenden Kontaktpersonen auf ein Minimum zu reduzieren. Zur lntensivpflege gehört insbesondere die Beatmungspflege. Die in einer außerklinischen lntensivpflege-Wohngemeinschaft lebenden Personen, die ambulant betreut werden, gehören mithin aufgrund ihrer Vorerkrankungen zu den Personen, die von schweren Krankheitsverläufen betroffen sind und an der Krankheit sterben können.
Auch in Formen des betreuten Wohnens gem. § 2 Abs. 4 NuWG leben Menschen, die aufgrund des Alters, Vorerkrankungen und Behinderungen ein besonderes Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben, zusammen. Eine Reduzierung sozialer Kontakte zu Außenstehenden durch ein Besuchs- und Betretungsverbot kann daher auch dort aktuell dazu beitragen, Neuerkrankungen zu verhindern und die Bewohnerinnen und Bewohner vor Corona-Infektionen zu schützen.
Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der vorgesehenen Ausnahmen ist auch das Besuchs- und Betretungsverbot eine weiter wirksame und verhältnismäßige Maßnahme, um eine Infektion durch soziale Nahkontakte und einen möglichen Viruseintrag durch Dritte zu verhindern.
Die umzusetzenden Maßnahmen sind nach fachlicher Risikobewertung zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems zwingend erforderlich und in diesem Stadium noch erfolgversprechend möglich.
Zur Hilfestellungbei der Umsetzung der Maßnahmen kann das Gesundheitsamt Wilhelmshaven hinzugezogen werden.
Zu 3.
Die Notbetreuung in Einrichtungen der Tagespflege gem. § 2 Abs. 7 NuWG wird ausgeweitet. Seit der Schließung hat sich ergeben, dass ein entsprechender Bedarf besteht.
Die Stadt Wilhelmshaven ist nach § 14 Abs. 1 S. 1, Abs. 6 NKomVG i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 NGöGD zuständige Behörde im Sinne des Infektionsschutzgesetzes und gemäß § 28 Abs. 1 S.2 IfSG für den Erlass von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten zuständig.
Zu Ziffer 5:
Die Anordnung ist gemäß § 28 Abs. 3 i. V .m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar. Widerspruch und Klage gegen Maßnahmen haben keine aufschiebende Wirkung.
Bekanntmachungshinweise:
Die Allgemeinverfügung gilt einen Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben (§ 41 Abs. 4 Satz 4 VwVfG).
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Oldenburg, Schlossplatz 10, 26122 Oldenburg, erhoben werden.
Wilhelmshaven, 31.03.2020
Carsten Feist
Oberbürgermeister