Stadt Wilhelmshaven

09. Februar 2018

Jugendschöffen gesucht

Veröffentlichung in der Wilhelmshavener Zeitung am 10. Februar 2018

Jugendschöffen gesucht

Im zweiten Halbjahr 2018 sind bundesweit die Jugendschöffen für die Amtszeit von 2019 bis 2023 zu wählen. Gesucht werden in unserer Stadt insgesamt 36 Frauen und Männer, die am Amtsgericht Wilhelmshaven und Landgericht Oldenburg als Vertreter des Volkes an der Rechtsprechung in Jugendstrafsachen teilnehmen. Der Jugendhilfeausschuss schlägt doppelt so viele Kandidaten, wie an Schöffen benötigt werden, dem Schöffenwahlausschuss beim Amtsgericht vor, der in der zweiten Jahreshälfte aus diesen Vorschlägen die Haupt- und Hilfsschöffen wählen wird. Gesucht werden Bewerberinnen und Bewerber, die in der Stadt Wilhelmshaven wohnen und am 01.01.2019 zwischen 25 und 69 Jahre alt sein werden. Wählbar sind nur deutsche Staatangehörige. Wer zu einer Freiheitstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wurde oder gegen den ein Ermittlungsverfahren wegen einer schweren Straftat schwebt, die zum Verlust der Übernahme von Ehrenämtern führen kann, ist von der Wahl ausgeschlossen. Auch hauptamtlich in oder für die Justiz Tätig (Richter, Polizeibeamte, Bewährungshelfer etc.) und Religionsdiener sollen nicht zu Schöffen gewählt werden.

Neben diesen formalen Kriterien sollen die Bewerberinnen und Bewerber aber vor allem bestimmte Grundfähigkeiten mitbringen, die notwendig dazu gehören, wenn man über andere Menschen qualifiziert urteilen soll. Das verantwortungsvolle Amt eines Schöffen verlangt in hohem Maße Unparteilichkeit, Selbstständigkeit und Reife des Urteils, aber auch geistige Beweglichkeit und – wegen des anstrengenden Sitzungsdienstes – körperliche Eignung.

Schöffen sollten sich in verschiedene soziale Milieus hineindenken und das Handeln eines Menschen in seinem sozialen Umfeld beurteilen können. Im Strafrecht muss auf ein Gramm Rechtskenntnis ein Zentner Menschenkenntnis kommen (Gustav Radbruch). Letztere wird von den Schöffen erwartet. Die Rechtskenntnis bringen die Berufsrichter mit. Die Laienrichter müssen Beweise würdigen können, d. h. die Wahrscheinlichkeit aus den vorgelegten Beweismitteln (Zeugenaussagen, Gutachten, Urkunden) ableiten, dass sich ein bestimmtes Geschehen so ereignet hat oder nicht. Die Lebenserfahrung, die ein Schöffe mitbringen muss, kann sich zu einem nicht unerheblichen Teil aus beruflicher Erfahrung rekrutieren. Dabei steht nicht der berufliche Erfolg im Mittelpunkt, sondern die Erfahrung, die im Umgang mit Menschen erworben wurde.

Schöffen müssen Objektivität und Unvoreingenommenheit auch dann bewahren können, wenn der Prozess in schwierige Situationen kommt, z. B. wenn ein Verteidiger eine sog. Konfliktverteidigung praktiziert, der Angeklagte auf Grund seines Aussehens oder Verhaltes oder wegen der vorgeworfenen Tat dem Schöffen zutiefst unsympathisch ist oder die veröffentliche Meinung in den Medien bereits eine Vorverurteilung ausgesprochen hat.

Vom ersten Tage an muss der Schöffe seine Rolle im Strafverfahren kennen, über seine Rechte und Pflichten informiert sein und sich über die Ursachen von Kriminalität und den Sinn und Zweck von Strafe Gedanken gemacht haben. Er muss daher die Zeit investieren, sich über die Rechte und Pflichten des Schöffen weiterzubilden. Wer zum Richten über Menschen berufen ist, braucht ein großes Verantwortungsbewusstsein für den Eingriff in das Leben anderer Menschen.

Die Verantwortung findet ihren deutlichsten Ausdruck in der Tatsache, dass für jede Verurteilung und jedes Strafmaß eine Zwei-Drittel-Mehrheit in dem Gericht erforderlich ist. Gegen beide Schöffen kann in Deutschland niemand verurteilt werden. Jedes Urteil, das gesprochen wird – gleichgültig ob Verurteilung oder Freispruch -, haben die Schöffen daher mit zu verantworten. Wer die persönliche Verantwortung für eine mehrjährige Freiheitsstrafe, für die Versagung von Bewährung oder für einen Freispruch wegen mangelnder Beweislage gegen die öffentliche Meinung nicht übernehmen kann, sollte das Schöffenamt nicht anstreben.

Schöffen brauchen einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Sie haben auch Rechtsfragen mit zu entscheiden, allerdings nicht in der rechtswissenschaftlichen Systematik, sondern mit den Mitteln des billig und gerecht Denkenden. Ob z. B. eine bestimmte Nötigungshandlung verwerflich (und damit rechtswidrig) ist, ob die Begehung einer bestimmten Straftat ein besonders schwerer oder ein minder schwerer Fall ist oder ob die Angeklagte oder der Angeklagte eine so schwere Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt, dass Sicherungsverwahrung angeordnet werden muss, hat der Schöffe aus seiner Laiensicht zu beantworten.

Dazu bedarf es ebenso der Standfestigkeit wie der Flexibilität im Vertreten der eigenen Meinung. In der Beratung mit den Berufsrichtern müssen Schöffen den von ihnen gefundenen Urteilsvorschlag standhaft vertreten können, ohne querulatorisch zu sein, und sich von besseren Argumenten überzeugen lassen, ohne opportunistisch zu sein. Den Schöffen steht in der Hauptverhandlung das Fragerecht zu. Sie müssen in der Lage sein, sich entsprechend verständlich zu machen, auf den Angeklagten oder die Angeklagte und andere Prozessbeteiligte eingehen zu können und an der Beratung argumentativ teilzunehmen. Ihnen wird daher Kommunikations- und Dialogfähigkeit abverlangt. Schöffen in Jugendstrafsachen sollten zudem in der Jugenderziehung über besondere Erfahrung verfügen.

Wer sich zur Ausübung dieses Amtes in der Lage sieht, kann sich für das Jugendschöffenamt bis zum 29.03.2018 beim Jugendamt Wilhelmshaven wie folgt bewerben: 

  • Der Bewerbungsbogen ist auf der Internetseite der Stadt Wilhelmshaven hinterlegt. Zudem kann der Vordruck telefonisch bei Jürgen Broda, Tel. 04421-161526, angefordert oder persönlich in der Außenstelle des Jugendamtes, Friedrich-Paffrath-Str. 41, Pavillon 4, abgeholt werden.
  • Für eine Bewerbung müssen Vorname, Familienname, Geburtsname, Geburtstag und -ort, Wohnanschrift sowie Beruf angegeben werden.

Wilhelmshaven, den 31.01.2018

Stoffers
Erster Stadtrat

 

powered by webEdition CMS